Wettbewerb, engere Wahl
Der Standort des Herbert Wehner Hauses im Kunstquartier Devrientstraße ist durch eine heterogene Bestandsumgebung mit komplexen Blickbeziehungen geprägt. Zwischen markanten Objekten, wie dem Industrierelikt des Erlweinspeichers, der Neuen Sachlichkeit des Sächsischen Landtags und dem Internationalen Stil des Pressehauses positioniert sich das Gebäude als eigenständiger Stadtbaustein mit solitärem Charakter.
Für das Zuhause des Bildungswerks, der SPD und der AWO wird eine klare, moderne Hülle vorgeschlagen, die mit einer zeitgemäßen Ornamentik auf die stadteigene Tradition von geschmückten Fassaden verweist und zugleich der robusten Raumfigur des Hauses ein angemessenes Gesicht nach Außen und Innen verleiht. Zu den drei städtebaulich relevanten freien Seiten des Baukörpers sind großformatige Fenster im Raster der tragenden Außenwände gereiht. Um den öffentlichen Charakter des Gebäudes zu stärken, sind die Ecken zum Platz beidseitig transparent. Zugunsten eines hohen Abstraktionsgrades, wird das breite Glasfeld mit einem schmalen geschlossenem Lüftungsflügel ergänzt. Eine filigranes Paneel, das an das Bild eines Vorhangs im Fenster angelehnt ist, schützt den Öffnungsflügel von außen. Das Element mit zurückhaltendem Ornament, bringt nicht nur das ungleichmäßige Achsmaß der Gebäudeecken ins Gleichgewicht, sondern verleiht der strengen Gliederung einen spielerischen Aspekt. Durch ihre wechselnde Faltung verzahnen sich die einzelnen Paneele geschossübergreifend und verweben sich zu einem einprägsamen Gesamtbild. Das Vorhangmotiv darf als dezente Reminiszenz auf Gottfried Sempers Theorie zur Textilen Kunst und seinem Prinzip der Bekleidung verstanden werden.
Aus der Überlagerung des primär statischen mit einem sekundär bewegten Ausdruck entstehen Erkennbarkeit und Identität im Stadtraum. Dem Betrachter des Herbert Wehner Hauses wird durch die Licht- und Schattenwirkung der dreidimensionalen Fassade, die je nach Standpunkt und Tageszeit ihre Erscheinung wechselt, ein spannendes Bild gezeigt. Damit wird dem solitären Potential des Baukörpers, die aus verschiedenen Perspektiven und Distanzen wahrgenommen wird, Rechnung getragen. Die Subtraktion des Eingangs zum Platz stärkt die Plastizität der Fassade und bildet zugleich einen regengeschützten Übergang nach Innen.
Thomas Baecker Bettina Kraus
Architekten Partnerschaft mbB i.L.
Adresse: Kamenzer Straße 12, 01099 Dresden
Auslober/Bauherr: Konzentration GmbH, Berlin
Programm: Büro, Verwaltung
Leistungsphasen: 1 - 2
Planung: 2016
Projektteam: Ole Hallier, Malte Heinze
Tragwerksplanung: ifb - thal + huber